Der
Zahme Kaiser ist sozusagen der kleine Bruder des Wilden Kaisers: kleiner,
niedriger, die Formen weniger schroff. Eine Kette zieht von Kufstein-Sparchen
nach Osten, wo das Stripsenjoch (Standort des Stripsenjochhauses)
eine Verbindung zum Wilden Kaiser herstellt. Obwohl es in seinen Nordwänden
durchaus auch interessante Kletterrouten gibt, ist der Zahme Kaiser eher
das Reich der Wanderer. Der meist besuchte, aber nicht der höchste
Gipfel ist die Pyramidenspitze. Der höchste
Gipfel - die Vordere Kesselschneid
unweit der Pyramidenspitze - überragt die magische 2000er-Grenze gerade
mal um 2 m. Das Bild (aufgenommen vom Christaturm) zeigt den gesamten Kamm
des Zahmen Kaisers, die Pyramidenspitze etwa in der Mitte. Im Vordergrund
zu Füßen des Totenkirchl das Stripsenjochhaus.
Die
Pyramidenspitze (Karte: Austrian
Map) ist längst kein Geheimtip mehr, sondern der mit Abstand meistbesuchte
Gipfel des Zahmen Kaisers, obwohl alle Anstiege recht lang sind. Aber die
großartige Aussicht in die Nordwände des Wilden Kaiser und weit
darüber hinaus ist reichliche Belohnung für die Mühen. Das
Bild zeigt die Pyramidenspitze von Süden, rechts die Abstürze
ins Winkelkar, durch die ein Klettersteig führt.
Empfehlenswert
ist der aussichtsreiche Plateauweg. Von der Vorderkaiserfeldenhütte
geht es zunächst recht steil hoch, man läßt die kecke Naunspitze
(1633 m, Bild) links liegen (kann auch einfach über einen bezeichneten
Steig bestiegen werden) und erreicht das Plateau nördlich des Petersköpfls
(1745 m, ebenfalls nur kurzer Abstecher von 15 Minuten). Das Plateau ist
eine leicht von Norden nach Süden geneigte, durch zahlreiche Mulden
und Buckel modellierte Fläche (ca. 1700 - 1900 m), die dicht mit Latschen
bestanden ist.
Der
Weg schlängelt sich im sanften Auf und Ab durch das Latschendickicht,
bald öffnet sich ein faszinierender Tiefblick nach Norden auf das
Tal und die Chiemgauer Alpen. Einserkogel (1924 m) und Zwölferkogel
(1912 m) werden umgangen, dazwischen der Tiefblick in das wilde Egersgrinn
(Bild). Man verläßt das Latschendickicht und kann den Blick
auf die Nordwände des Wilden Kaiser genießen. Bald erreicht
man das Vogelbad (1876 m), wo ein kurzer mit Drahtseilen und künstlichen
Tritten gesicherter Kamin abgeklettert werden muß. Der restliche
Gipfelanstieg bietet keinerlei Schwierigkeiten mehr.
Etwas
schneller ist der Weg von Vorderkaiserfelden über die Hinterkaiserfeldenalm
und die Steingrube, vorbei an der Kaiserzinne, zum Vogelbad. Insbesondere
wenn man über das Plateau aufgestiegen ist und nach Vorderkaiserfelden
zurückkehren will, bietet sich der Weg durch die Steingrube an. Im
Abstieg hat man stets die steilen Nordwände des Wilden Kaisers vor
Augen. Auf dem Bild erkennt man in der Mitte den Haltstock
(kleine Halt dem Betrachter zugewandt), rechts davon - durch die Scharlinger
Böden getrennt - das Sonneck und
den Kamm, der über Wiesberg und Hackenköpfe zum Scheffauer
verläuft. Bei der Hinterkaiserfeldenalm (1490 m) kann man in Ruhe
die Aussicht genießen, bevor man sich auf den Weiterweg nach Vorderkaiserfelden
macht (ca. 1,5 Stunden vom Gipfel).
Von
Norden führen zwei Anstiege auf die Pyramidenspitze, die sich zu einer
schönen Rundtour mit Ausgangs- und Endpunkt Walchsee-Durchholzen
(Bus) kombinieren lassen.Von Durchholzen am Walchsee führt der gut
bezeichnete Weg über Großpoitneralm und Winkelalm (Brunnen)
ins Winkelkar, das ringsherum von den steilen Wänden des Roßkaisers
der Kesselschneiden bis zum Jofenspitze umgeben wird (Bild). Auf ca. 1600
m beginnt ein gesicherter Steig durch steile Schrofen (einfach, Klettersteigset
nicht erforderlich, Helm kann nicht schaden) der zunächst zum Sattel
zwischen Jofenspitze (kann vom Sattel erstiegen werden, I, Beschreibung
im AVF) und Pyramidenspitze hinaufführt. Nun nach Norden und über
weitere versicherte Passagen (eine kurze Stelle über plattigen Fels
mit Eisenklammen).
Vom
Gipfel der Pyramidenspitze hat man eine umfassende Rundumsicht. Direkt
im Westen jenseits des Inntal das Mangfallgebirge mit Wendelstein,
Rotwand,
Risserkogel
und anderen. Etwas weiter entfernt im Südwesten das Karwendelgebirge.
Im Norden die Chiemgauer Alpen und der Chiemsee.
Im Osten die Berchtesgadener Alpen mit
dem Watzmannmassiv, sowie die Loferer und Leoganger Steinberge. Im Süden
direkt vis-a-vis die Nordwände des Wilden Kaiser. Mit der Karte und
etwas Gebietskenntnis kann man praktisch alle Gipfel des Wilden Kaisers
bestimmen. Von rechts (Westen): Zettenkaiser, Scheffauer
Kaiser, Hackenköpfe, Sonneck
(dahinter der Treffauer), der Haltstock
mit der
Ellmauer Halt, links davon
das Kopftörl. Weiter nach Osten wird die Bestimmung der Gipfel schwieriger.
Aber Karlspitzen, Totenkirchl, Fleischbank, Christaturm, Predigtstuhl,
die beiden Goinger Halten,
Ackerlspitze
und viele mehr sind klar zu erkennen (im Bild kann man alle Gipfel vom
Lärchegg (links) bis zur Ellmauer Halt (rechts) erkennen). Mit Karte
und Fernglas könnte man Stunden auf dem Gipfel der Pyramidenspitze
verbringen und die Erinnerungen an Touren im Wilden Kaiser Revue passieren
lassen.
Die Vordere Kesselschneid
(2002 m), den höchsten Gipfel des Zahmen Kaiser und einzigen Zweitausender,
kann man leicht mitnehmen. Dort findet man auch an schönen Tagen,
wenn sich die Leute am Gipfel der Pyramidenspitze drängeln, noch ein
ruhiges aussichtsreiches Brotzeitplätzchen. Der Abstecher auf die
Vordere Kesselschneid bietet sich insbesondere dann an, wenn man sowieso
nach Süden - Richtung Kaisertal absteigen möchte. Nach wenigen
Minuten zweigt links der kurze Steig (kaum mehr als ein paar Spuren im
Gras) auf den Gipfel der Vorderen Kesselschneid ab (10 Minuten).